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Cloud Computing Mythos: Es ist weniger Know-How erforderlich

Ich bin in einem Artikel, der die Vorteile des Cloud Computing hervorhebt, auf eine interessante Aussage gestossen. In einer Bildunterschrift heißt es “Es muss kein zusätzliches Know-how im Unternehmen aufgebaut werden.” Das ist völlig falsch. Denn genau das Gegenteil ist der Fall. Es wird immer noch viel mehr Wissen benötigt, als von den Anbietern versprochen wird.

Das notwendige Wissen fehlt

Die Art und Menge des benötigten Wissens hängt von der Art des Service ab, der aus der Cloud genutzt wird. Für eine vermeintlich hochstandardisierte Software-as-a-Service (SaaS) Applikation wie E-Mail wird hinsichtlich des Service und seiner Eigenschaft deutlich weniger Wissen benötigt, als ein Service, der einen bestimmten Prozess abbildet.

Für die Nutzung von Infrastructure-as-a-Service (IaaS) oder Platform-as-a-Service (PaaS) verhält es sich jedoch ganz anders. Zwar übernimmt der Anbieter in diesem Fall den Aufbau, Betrieb und die Wartung der physikalischen Infrastruktur. Die Verantwortung für die virtuelle Infrastruktur (IaaS) obliegt jedoch dem Kunden. Der Anbieter selbst – über kostenpflichtigen Support – oder zertifizierte Systemintegratoren helfen hier beim Aufbau und Betrieb. Genau so verhält es sich bei dem Betrieb einer eigenen Applikation auf einer Cloud-Infrastruktur. Der Cloud Anbieter selbst ist dafür nicht verantwortlich, sondern stellt lediglich die Infrastruktur sowie Mittel und Wege in Form von APIs, Weboberflächen und ggf. weiteren Mehrwertservices zur Verfügung, um den Kunden die Entwicklung zu erleichtern. In diesem Zusammenhang muss auch verstanden werden, dass je nach Cloud-Skalierung – Scale-out vs. Scale-up – die Applikation vollständig anders für die Cloud entwickelt werden muss – nämlich über mehrere Systeme hinweg automatisch skalierbar verteilt (Scale-out) – als es in einer nicht Cloud-Umgebung der Fall ist. Dieses architekturelle Wissen fehlt in den meisten Unternehmen an allen Ecken und Enden, was auch dem Fakt geschuldet ist, dass Hochschulen und Universitäten diese Art des programmatischen Denkens bisher nicht vermittelt haben.

Cloud Computing ist derzeit noch komplexer als es auf dem ersten Blick erscheint. Das Paradebeispiel hierfür ist Netflix. Der US-amerikanische Video-on-Demand Anbieter betreibt seine Plattform innerhalb einer Public Cloud Infrastruktur (Amazon AWS) und hat neben einem umfangreichen Produktivsystem, welches den skalierbaren und performanten Betrieb sicherstellt, ebenfalls eine umfangreiche Test-Suite – die Netflix Symian Army – entwickelt, die nur dafür zuständig ist, den einwandfreien Betrieb des Produktivsystems sicherzustellen – u.a. werden laufend willkürlich virtuelle Maschinen bewusst abgeschossen und das Produktivsystem muss dennoch weiterhin einwandfrei funktionieren.

Bedarf an Managed Cloud steigt

Die Komplexität lässt sich durch das Deploymentmodell zwar weniger verringern, die Verantwortung und das notwendige Know-How jedoch verschieben. Innerhalb einer Public Cloud regiert der Self-Service. Das bedeutet, dass der Kunde zunächst zu 100 Prozent auf sich selbst gestellt ist und die alleinige Verantwortung für die Entwicklung und den Betrieb seiner Applikation trägt.

Dieses haben viele Unternehmen erkannt und gestehen sich ein, dass sie entweder nicht über das notwendige Wissen, Personal und weitere Ressourcen verfügen, um erfolgreich eine Public Cloud (IaaS) zu nutzen. Stattdessen bevorzugen bzw. erwarten sie Hilfe von den Cloud Anbietern. In diesen Fällen handelt es sich allerdings nicht um Public Cloud Anbieter, sondern um Managed Cloud/ Business Cloud Anbieter, die neben Infrastruktur ebenfalls mit Professional Services helfen.

Mehr zum Thema Managed Cloud kann unter “Die Bedeutung der Managed Cloud für Unternehmen” nachgelesen werden.

By Rene Buest

Rene Buest is Gartner Analyst covering Infrastructure Services & Digital Operations. Prior to that he was Director of Technology Research at Arago, Senior Analyst and Cloud Practice Lead at Crisp Research, Principal Analyst at New Age Disruption and member of the worldwide Gigaom Research Analyst Network. Rene is considered as top cloud computing analyst in Germany and one of the worldwide top analysts in this area. In addition, he is one of the world’s top cloud computing influencers and belongs to the top 100 cloud computing experts on Twitter and Google+. Since the mid-90s he is focused on the strategic use of information technology in businesses and the IT impact on our society as well as disruptive technologies.

Rene Buest is the author of numerous professional technology articles. He regularly writes for well-known IT publications like Computerwoche, CIO Magazin, LANline as well as Silicon.de and is cited in German and international media – including New York Times, Forbes Magazin, Handelsblatt, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Wirtschaftswoche, Computerwoche, CIO, Manager Magazin and Harvard Business Manager. Furthermore Rene Buest is speaker and participant of experts rounds. He is founder of CloudUser.de and writes about cloud computing, IT infrastructure, technologies, management and strategies. He holds a diploma in computer engineering from the Hochschule Bremen (Dipl.-Informatiker (FH)) as well as a M.Sc. in IT-Management and Information Systems from the FHDW Paderborn.

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