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Digital. Cloud. AI-Driven. Die essentiellen Grundlagen für moderne Unternehmensstrategien

In der Geschäftsführung eines Unternehmens der Old Economy zu arbeiten ist derzeit nicht unbedingt ein angenehmer Job. Den Mitbewerb auf Distanz zu halten und gleichzeitig das bestehende Geschäftsmodell gegen die Internetgiganten wie Amazon, Google, Facebook & Co. zu verteidigen ist eine zähe Aufgabe. Hinzu kommt – soll ein Unternehmen nach digitalen Disziplinen geführt und mit der passenden Rüstung ausgestattet werden, geht es schlichtweg um die Umsetzung und nicht darum, ständig die Frage nach dem Warum zu stellen. Als ein unterstützendes Element werden moderne Unternehmensstrategien anhand eines „magischen Dreiecks“ aufgebaut, dessen Eckpunkte die notwendigen Grundlagen bilden: Sei digital. Nutze die Cloud. Profitiere von Artificial Intelligence (AI). In diesem Artikel wird das Dreieck im Detail entfaltet.

Digital: Einfach machen!

Zunächst, reden wir über Digitalisierung, dann sprechen wir von einer digitalen Evolution und nicht einer Transformation. Wir befinden uns innerhalb eines Digitalisierungsprozess, der vor über 40 Jahren gestartet wurde, als Intel mit seinem „Intel 4004“ erstmals einen Prozessor in Serie auf den Markt brachte und SAP, Microsoft und Apple gegründet wurden. In der Zwischenzeit finden sich PCs oder Macs in jedem Büro und die Nutzung mobiler Endgeräte steigt kontinuierlich an. Dennoch, auch nach über 40 Jahren ist bei weitem noch nicht jeder Prozess digitalisiert.

Die Digitalisierung setzt die Führungsetagen heutzutage insofern unter Druck, dass sie einerseits ihre bestehenden Geschäftsmodelle hinterfragen und sich neu erfinden müssen, um mit einem digitalisierten Unternehmen dem Wettbewerb gegenüberzutreten. Hierzu gehört es, den Kunden beharrlich in den Mittelpunkt des Interesses zu stellen. Denn, spricht man heute von Digitalisierung, bedeutet dies, den Vernetzungsgrad mit Kunden, Partnern und Lieferanten zu maximieren und anhand smarter Produkte und AI-Technologien alle Gruppen besser zu verstehen. Auf dieser Basis gilt es dann zu erkennen, welche Bedürfnisse existieren, um darauf proaktiv reagieren zu können. Hierbei sollten anhand von „Data Driven Apps“ so viele qualitative Daten wie möglich erhoben werden und diese am Ort des Geschehens (Digital Touchpoint) für Kunden, Partner und Lieferanten gewinnbringend einzusetzen, um damit die Digital User Experience zu erhöhen.

Tatsache ist, die Supply Chain muss zukünftig deutlich agiler sein, um im Wettbewerb bestehen zu können. Dabei geht es um Echtzeit. Im Bestfall werden Unternehmen schon eine Stunde vorher wissen, was der Kunde benötigen wird, sprich: Predictive Analytics wird immer wichtiger. Es gilt die Rüstzeiten von Unternehmen runterzufahren, Vernetzung über die gesamte Lieferkette zu erreichen und mit Hilfe der Cloud schnell skalieren zu können. Denn ein Fakt wird uns auch in der Industrie 4.0 begleiten: Märkte sind nicht vorhersehbar, deshalb müssen die Reaktionszeiten schneller werden.

Amazon ist das Paradebeispiel des digitalen Zeitalters. Als einfacher Webshop gestartet, würde Amazon derzeit nur noch ein eigenes Music-Label benötigen, um nahezu 100 Prozent der digitalen Güter Ende-zu-Ende zu kontrollieren. Amazon Video ist dafür nur ein Beispiel:

  • Amazon produziert eigene Filme und Serien (die bereits Golden Globes gewonnen haben)
  • Amazon betreibt seine eigene Infrastruktur, um Videos abzuspielen und auszuliefern (Amazon Web Services)
  • Amazon hat seine eigene Plattform, um Videos zu streamen (Amazon Video)
  • Amazon kontrolliert die Distributionskanäle anhand von Apps (Multi-OS) und eigener Geräte (Kindle)

Das Musterbeispiel der digitalen Evolution ist Vorkwerk’s Thermomix. Im Jahr 1972 auf dem Markt erschienen, wurde das Küchengerät über die vergangenen 40 Jahre kontinuierlich weiterentwickelt. In 2014 kam die derzeit aktuelle Version TM5 auf den Markt. Eines der wichtigsten Eigenschaften dieses Modells besteht im Einsatz digitaler Technologien. So ermöglicht der TM5 das sogenannte „Guided Cooking“ anhand von proprietären Speicherchips, auf welchen die für die jeweiligen Rezepte notwendigen Einstellungen und Kochinstruktionen gespeichert sind. Zudem wurden alle Knöpfe vorheriger Modelle entfernt und durch ein Touchdisplay ersetzt. Weiterhin ermöglicht eine mobile Applikation die wöchentliche (monatliche) Planung und kommuniziert mit dem Thermomix. Ein neues WLAN-Modul ersetzt die Speicherchips und verbindet den Thermomix mit der Webseite „Cookidoo“ über welche der Thermomix Zugriff auf Rezepte erhält. Vorwerk hat es geschafft, ein 40 Jahre altes Produkt ständig zu verbessern und sogar zu digitalisieren und hat somit verstanden, den Thermomix als Teil der digitalen Evolution anzupassen.

Ein weiteres gutes Beispiel der digitalen Evolution ist Tesla – das digitalisierte Auto. Meiner Meinung nach ist der tatsächliche Fortschritt eines Teslas nicht der elektrische Antrieb sondern der Software-Anteil – das Software-defined Car. Dies macht es für Tesla deutlich einfacher, neue Funktionen und dieselbe Software für jede physikalische Plattform auszurollen.

Fakt ist, dass die Geschäftsführung verinnerlichen muss, das ihr Unternehmen heute vollständig digital ausgerichtet sein sollte oder wie Forrester Analyst Glenn O` Donell twittert: “There actually is no such thing as #DigitalBusiness. It’s just Business. If it isn’t “Digital,” you are likely out of business!”

Cloud: Die essentielle Grundlage

Die Cloud ist einer der wichtigsten Treiber der digitalen Evolution. Nur mit dem Einsatz dynamisch agierender und global skalierbarer Infrastrukturen und Plattformen können Unternehmen ihre IT-Strategien an die sich ständig verändernde Marktbegebenheiten anpassen und die Unternehmensstrategie damit agiler unterstützen. Cloud-Infrastrukturen bilden ein solides Fundament, um die Digitalisierungsstrategien von Unternehmen jeder Größe zu unterstützen. Startups können dort langsam wachsen, ohne von Beginn an massiv in IT-Ressourcen zu investieren. Unternehmen erhalten damit eine der wichtigsten Eigenschaften, um in der digitalen Evolution ein Wort mitzureden: Geschwindigkeit. Eine Idee zu haben, ist nur der Anfang. Meistens scheitert der schnelle Go-to-Market an der technischen Umsetzung wegen nicht rasch genug verfügbarer IT-Ressourcen sowie dem Mangel an modernen Tools und Services, die bei der Entwicklung maßgeblich unterstützen können.

Cloud-Infrastrukturen und Plattformen ermöglichen es IT-Organisationen Agilität bereitzustellen und die Innovationsfähigkeit eines Unternehmens zu erhöhen. Hierzu zählen:

  • Zugriff auf State-of-the-art Technologien und höherwertige Services, um neue digitale Produkte und Dienste zu entwickeln.
  • Kostengünstige Entwicklung und Tests von PoCs.
  • Verbesserung der Customer Experience anhand der Entwicklung neuer kundenzentrierter Lösungen, um die Kundenbeziehung zu optimieren.
  • Engere Integration der gesamten Prozess- und Lieferkette innerhalb der Organisation sowie mit Partnern und Lieferanten.
  • Beschleunigung des Release-Zyklus (Continuous Development und Deployment)

Ein wichtiger Bestandteil besteht darin, dass Organisationen sich ausschließlich nicht auf ihren Heimatmarkt konzentrieren sollten. Getrieben durch die Globalisierung, welche ihren aktuellen Höhepunkt durch die Digitalisierung unserer Gesellschaft erreicht, muss Skalierbarkeit ebenfalls von einer globalen Perspektive betrachtet werden. Die Cloud ermöglicht den elastischen Betrieb von Infrastrukturen und unterstützt die globale Expansion auf eine einfache Art und Weise durch:

  • Flexibler Zugriff auf IT Ressourcen „ohne Limit“.
  • Nutzung der Infrastruktur nach Bedarf.
  • Vermeidung technischer Herausforderungen wie beispielsweise eine hohe Latenz.
  • Erfüllung lokaler rechtlicher Anforderungen im entsprechenden Zielmarkt.
  • Weltweite Erreichbarkeit von Kunden.

Als Teil digitaler Strategien wird die Cloud immer wichtiger. Sie dient als die ideale Basis für einen unkomplizierten Zugriff auf IT-Ressourcen und befähigt jede Organisation dazu, auf eine agile Art und Weise zu agieren. Als technologische Grundlage ist die Cloud ein Mittel zum Zweck und ermöglicht den Zugang zu permanenten Innovationen wie AI-Dienste.

AI-Driven: Die Zukunft für jedes digitale Unternehmen

Stellen Sie sich vor, dass jeder Prozess von einer AI gesteuert werden kann und wird. Denn mit einer AI lässt sicher jeder Prozess innerhalb eines Unternehmens automatisieren. Hierbei handelt es sich um einen wichtigen Aspekt auf dem Weg zu neuen Geschäftsmodellen, da eine AI-betriebene Organisation Unternehmen befähigt, finanzielle Ressourcen und Talent wesentlich effizienter einzusetzen.

AI ist der nächste logische Schritt nach der Cloud und profitiert gleichermaßen von deren Erfolg. Die Cloud ist der Antrieb aus einem technologischen Blickwinkel. Bei AI geht es um den Mehrwert für das Unternehmen und führt zu intelligenteren Anwendungen. Auf Basis komplexer Analysen verfeinern AI-Anwendungen im Hintergrund die Kundenansprache und passen Produkte und Dienste besser an die jeweiligen Bedürfnisse an.

Aber AI hilft ebenfalls dabei, IT-Umgebungen effizienter zu betreiben. Wie beispielsweise eine AI-defined Infrastructure, welche das existierende Wissen innerhalb des IT-Betriebs automatisch verwendet und nach einem gewissen Zeitraum die Infrastrukturumgebung eigenständig verwalten kann. Ein Anwendungsfall ist der autonome Betrieb eines AI-gestützten IT-Managementsystems, welches dabei hilft, Ausfälle von Public Cloud-Anbietern zu vermeiden. Unterm Strich macht eine AI bzw. eine AI-defined Infrastructure den Betrieb einer Cloud-Umgebung intelligenter und damit effizienter.

Als Teil der Digitalstrategie befähigt eine AI Unternehmen, ihren Geschäftsbetrieb und dessen Abläufe zu verbessern – u.a. durch:

  • Ein verbessertes Verständnis ihrer Kunden anhand von Interaktionen und des Verhaltens aus der Vergangenheit.
  • Eine neuartige Bedienung von Applikationen durch die Veränderung der Kundeninteraktion von der Tastatur- hin zur Spracheingabe.
  • Eine tiefergehende Kundenbeziehung anhand von “Advanced Virtual Assistants”, welche das Kundenerlebnis verbessern.
  • Kundenspezifische Produkte und Dienstleistungen angepasst an die Kundenanforderungen.
  • Vorhersagen durch Analysen von Kundendaten, -interaktionen und -verhalten aus der Vergangenheit und in Echtzeit.
  • Gesprächiger zu sein, anhand “Smart Personal Assistants” und Bots.
  • Erweiterung bestehender Produkte, Dienste, Anwendungen und Prozesse.

Eines sollte jedoch nicht vergessen werden. Bei AI geht es nicht nur darum, existierende Prozesse zu verbessern. In den kommenden 5 bis 10 Jahren wird AI zum Game Changer werden! Sie wird Innovationszyklen beschleunigen und zu neuen Geschäftsmodellen führen. AI-Anwendungen besitzen bereits heute den notwendigen Reifegrad, um die Effizienz einzelner Prozesse zu erhöhen. Allerdings sollte AI nicht ausschließlich aus einem operativen Blinkwinkel (Verbesserung der Effizienz) betrachtet werden, sondern ebenfalls eine strategische Sichtweise erhalten, um technische Möglichkeiten für neue Applikationen und Anwendungsfälle zu evaluieren. Und damit einen echten Mehrwert für Kunden, Partner sowie die eigenen Mitarbeiter schaffen.

Digitale Disziplinen

Digitale Technologien wie AI, Cloud Computing, Internet of Things (IoT) und Blockchain sind die Basis für Innovationen und neue Geschäftsmodelle. Sie verändern heutige Spielregeln und Gesetze und werden damit für eine fortlaufende Disruption innerhalb und über Industrien hinweg sorgen. Ein Teil des digitalen Strategie-Mix besteht daher darin, den Kunden in den unmittelbaren Mittelpunkt des Interesses zu stellen, auf die Bedürfnisse einzugehen und die Kundenerwartungen damit ständig zu erhöhen. Digital Customer Engagement und Kundenservice als USP? Ja, Amazon, Google, Netflix, Uber und Airbnb sind nur ein paar erfolgreiche Beispiele dafür.

Unterm Strich ist es egal, in welcher Industrie man sich als ein Unternehmen befindet. Es geht darum, auf Augenhöhe mit aktuellen Technologien und Trends zu sein. Selbst dann, wenn man derzeit keinen Einfluss spüren mag. Hierzu gehört es, ein Verständnis für bestimmte Technologien zu entwickeln und zu evaluieren, was diese für das bestehende Geschäftsmodell bedeuten oder ob sie zu einer Gefahr werden können, die das Unternehmen negativ beeinflussen.

By Rene Buest

Rene Buest is Gartner Analyst covering Infrastructure Services & Digital Operations. Prior to that he was Director of Technology Research at Arago, Senior Analyst and Cloud Practice Lead at Crisp Research, Principal Analyst at New Age Disruption and member of the worldwide Gigaom Research Analyst Network. Rene is considered as top cloud computing analyst in Germany and one of the worldwide top analysts in this area. In addition, he is one of the world’s top cloud computing influencers and belongs to the top 100 cloud computing experts on Twitter and Google+. Since the mid-90s he is focused on the strategic use of information technology in businesses and the IT impact on our society as well as disruptive technologies.

Rene Buest is the author of numerous professional technology articles. He regularly writes for well-known IT publications like Computerwoche, CIO Magazin, LANline as well as Silicon.de and is cited in German and international media – including New York Times, Forbes Magazin, Handelsblatt, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Wirtschaftswoche, Computerwoche, CIO, Manager Magazin and Harvard Business Manager. Furthermore Rene Buest is speaker and participant of experts rounds. He is founder of CloudUser.de and writes about cloud computing, IT infrastructure, technologies, management and strategies. He holds a diploma in computer engineering from the Hochschule Bremen (Dipl.-Informatiker (FH)) as well as a M.Sc. in IT-Management and Information Systems from the FHDW Paderborn.