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Grundlagen

Die historische Entwicklung des Cloud Computing

Historisch betrachtet reichen die Ideen und Konzepte des Cloud Computing bis in die 1960er Jahre zurück. Bereits damals enstanden die Ideen, IT-Ressourcen wie Rechenleistung und Anwendungen als ein Utility einer breiten Masse gegen eine Nutzungsgebühr zur Verfügung zu stellen. Auf Grund der damals dafür notwendigen, aber noch nicht vorhandenen technischen Voraussetzungen wie schnelle und stabile Internetverbindungen sowie der Mehrbenutzerfähigkeit von IT-Systemen, war der Durchbruch nicht möglich.

Vor ca. 10 Jahren begannen IT-Dienstleister erneut damit, ihren Kunden IT-Ressourcen in Form von Anwendungen anzubieten, welche sie flexibel nach der tatsächlichen Verwendung abrechnen konnten, so wie es von der Nutzung des Strom- und Wassernetzes bekannt ist. Die zu verarbeitenden Daten befinden sich dabei im Rechenzentrum eines Drittanbieters. Der Kunde greift mittels seines Webbrowser über eine Webseite auf diese Daten zu. Ursprünglich hieß diese Art des Geschäftsmodells Application Service Providing (ASP). Heute hat es die Bezeichnung Software-as-a-Service (SaaS), ein Teilbereich des Cloud Computing.

Die bekanntesten Vertreter und Vorreiter der Technologien, Ideen und Konzepte des Cloud Computing sind Google, Salesforce und Amazon.

Google konzentriert sich neben seiner Cloud Office Suite (Google Apps) inkl. E-Mail, Kalender, Textverarbeitung und Tabellenkalkulation auf das Bereitstellen einer Entwicklungsinfrastruktur (Google AppEngine). Salesforce hat sich dagegen auf Unternehmenssoftware wie z.B. dem Customer Relationship Management (CRM) spezialisiert und steht damit in direkter Konkurrenz zu den klassischen Anbietern wie z.B. SAP. Weiterhin steht mit Force.com jedoch auch eine Entwicklungsinfrastruktur in deren Cloud bereit. Google und Salesforce gehören damit zu den Anbietern von SaaS und Platform-as-a-Service (PaaS) Diensten.

Amazon hingegen ist mit seinen Amazon Web Services (AWS) ein Anbieter aus dem Bereich der Infrastructure-as-a-Services (IaaS) sowie PaaS und stellt mit der Amazon Elastic Compute Cloud (EC2) Rechenleistung und den Amazon Simple Storage Services (S3) Speicherplatz in seiner Cloud zur Verfügung.

Um zu verstehen, warum diese drei Anbieter ihre eigenen Infrastrukturen nach den Prinzipien des Cloud Computing einer breiten Masse bereitstellen können, gilt es hinter die Kulissen zu schauen und deren Beweggründe zu verstehen.

Auf Basis dieses Verständnisses, lässt sich sehr gut verdeutlichen, wie es zu der Entwicklung des Cloud Computing gekommen ist.


Beweggründe von Google, Salesforce und Amazon

Um die Beweggründe zu verstehen, muss zunächst die triviale Frage erörtert werden, warum jeder der genannten Anbieter selbst nicht auf den Einsatz der Prinzipien und Technologien des Cloud Computing in seinen Infrastrukturen verzichten kann.

Abgesehen von Salesforce, hatte keiner dieser drei Anbieter das ursprüngliche Ziel gehabt Cloud Computing Dienste anzubieten. Vielmehr ist es aus einer Notwendigkeit entstanden. Um ihre Kerngeschäfte überhaupt effizient betreiben zu können, waren sie gezwungen, Cloud Computing Technologien zu entwickeln und selber einzusetzen.

Warum benötigt Salesforce Cloud Computing?
Wie bereits oben erwähnt, hat Salesforce von Anfang an sein Kerngeschäft darauf ausgerichtet, Unternehmensanwendungen auf Basis von Software-as-a-Service anzubieten. Sie mussten somit eine eigene hochskalierbare und hoch verfügbare IT-Infrastruktur aufbauen, um ihren Kunden die angebotenen Services jederzeit zuverlässig bereitzustellen. Sonst hätte das Geschäftsmodell nicht funktioniert.

Warum benötigt Google Cloud Computing?
Wird das Kerngeschäft von Google genauer betrachtet, steht hier die Suche und die damit zusammenhängende Indizierung des Internets im Vordergrund. Für beides wird eine enorme Rechenleistung benötigt, die nur durch den Aufbau einer entsprechend leistungsfähigen IT-Infrastruktur bereitgestellt werden kann. Zudem möchte Google seinen Nutzern einen zuverlässigen und vor allem schnellen Dienst während der Suche von Informationen im Internet bereitstellen, wodurch auch hier die Aspekte der Hochskalierbarkeit und Hochverfügbarkeit von besonderer Bedeutung sind.

Warum benötigt Amazon Cloud Computing?
Amazons Kerngeschäft ist der Webshop auf Amazon.com. Hierbei handelt es sich um die größte E-Commerce Plattform der Welt mit Millionen Kunden und Transaktionen pro Tag. Auf Grund dessen gilt es für Amazon über eine hochskalierbare und hochverfügbare IT-Infrastruktur zu verfügen, um seinen Kunden einen zuverlässigen Service zu bieten.
Nach Aussage von, CTO von Amazon, liegen Amazons Beweggründe für den Einstieg in das Cloud Computing darin, dass die Infrastuktur innerhalb eines Jahrzehnts immer weiterentwickelt wurde, um die Evolution der Amazon E-Commerce Plattform stetig voranzutreiben. Währenddessen wurden verteilte Software und Vorgehensweisen entwickelt, welche in einem großen Umfang zu hohen Leistungen, Zuverlässigkeit, Betriebsqualität und Sicherheit geführt haben. Zur selben Zeit wurde festgestellt, dass der programmatische Zugriff auf den Amazon Katalog und weitere E-Commerce Dienste zu einer enormen und unerwarteten Innovation durch ein sehr großes Ökosystem von Entwicklern führt. Dadurch entstand schließlich der Gedanke, eine Amazon Kompetenz – der Aufbau von hochskalierbarer Systemsoftware – über eine Service Schnittstelle anzubieten und darüber einfache Infrastrukturbausteine bereitzustellen. Das sollte auf der ganzen Welt zu Innovationen führen, da sich Entwickler somit nicht mehr um den Kauf, Aufbau und die Wartung einer Infrastruktur kümmern müssen. Da aus eigener Erfahrung die Kosten für die Wartung einer zuverlässigen und skalierbaren Infrastruktur in einem traditionellen, redundanten Rechenzentrumsmodell ca. 70% der Zeit und Aufwände betragen und die Investitionen des geistigen Kapitals ebenfalls erhebliche Kosten verursachen, bestanden die ersten Überlegungen darin, Services bereitzustellen, welche die Kosten auf 30% oder weniger reduzieren. Zudem wurde erkannt, dass die generelle Rechnerauslastung sowohl bei großen und mittelständischen Unternehmen als auch bei Startups dramatisch klein (weniger als 20%, oft sogar weniger als 10%) und oft einer erheblichen Periodizität ausgesetzt ist. Die Bereitstellung von Diensten auf Basis eines on-Demand Models unter der Nutzung eines Pay as you Go Preismodells sollte dieses radikal verändern. Die Geschichte über den Verkauf von Überkapazitäten soll demnach ein Mythos sein. Jedoch hätte Amazon zunächst ohne den Aufbau der Infrastruktur seine Amazon Web Services in der Form niemals anbieten können. Die für den Webshop entwickelte Infrastruktur diente dafür als die entscheidende Grundlage.


Gemeinsamkeiten zur Bewältigung der Herausforderungen

Betrachten wir nun die Gemeinsamkeiten bzw. Herausforderungen, die bewältigt werden müssen um das jeweilige Kerngeschäft zu betreiben, wird deutlich, wie es zu der Technologie bzw. dem Geschäftsmodell gekommen ist, das als Cloud Computing bezeichnet wird. Gleichzeitig gelten diese Gemeinsamkeiten als die drei typischen Charakteristika des Cloud Computing. Dazu gehören:

Hohe Skalierbarkeit

  • Salesforce
    Die Unternehmensanwendungen von Salesforce sind auf kleine Startups bis hin zu großen Unternehmen ausgelegt. Die Infrastruktur muss dementsprechend mit großen Anfragemengen umgehen können.
  • Google
    Die Menge an Suchanfragen für einen bestimmten Zeitraum sind nicht exakt vorhersagbar, daher muss die Infrastruktur auch mit einer unerwartet hohen Belastung zurechtkommen. Zudem ist eines von Googles Mottos schließlich, dass schneller besser als langsam ist.
  • Amazon
    Speziell in saisonal bedingten Zeiten wie z.B. Weihnachten steigen die Anfragen an den Webshop exponentiell, wodurch die Infrastruktur stetig mitwachsen muss.

Hohe Verfügbarkeit

  • Salesforce
    Kunden von Salesforce nutzen geschäftskritische Unternehmensanwendungen und speichern ihre Daten in der Cloud von Salesforce, auf die sie jederzeit zugreifen müssen.
  • Google
    Google ist zum Inbegriff der Suche im Internet geworden. Sollte die Webseite mal nicht erreichbar sein, würde das einen enormen Imageverlust bedeuten.
  • Amazon
    Ein Webshop wie Amazon.com ist nicht vergleichbar mit einem gewöhnlichen Einzelhandelsgeschäft. Kunden können hier rund um die Uhr einkaufen, was bedeutet, dass der Shop 24/7 erreichbar sein muss.

Hohe Zuverlässigkeit

  • Salesforce
    Kunden von Salesforce müssen sich auf die einwandfreie Datenhaltung und Funktion der genutzten Anwendungen verlassen können.
  • Google
    Nutzer der Google Suchmaschine müssen sich auf die Suchergebnisse verlassen können. Das impliziert ebenfalls eine zuverlässige Indizierung.
  • Amazon
    Ein Kunde muss sich während eines Bestellvorgangs darauf verlassen können, dass alle Transaktionen die zu dieser Bestellung gehören, zuverlässig abgeschlossen werden.

Fazit

Nur durch die Konzeption und den Aufbau einer hoch skalierbaren sowie äußerst zuverlässigen Infrastruktur, die jederzeit verfügbar ist, können Salesforce, Google und Amazon ihre Kerngeschäfte optimal und einwandfrei betreiben und Ihren Kunden damit den größtmöglichen Nutzen bieten.

By Rene Buest

Rene Buest is Gartner Analyst covering Infrastructure Services & Digital Operations. Prior to that he was Director of Technology Research at Arago, Senior Analyst and Cloud Practice Lead at Crisp Research, Principal Analyst at New Age Disruption and member of the worldwide Gigaom Research Analyst Network. Rene is considered as top cloud computing analyst in Germany and one of the worldwide top analysts in this area. In addition, he is one of the world’s top cloud computing influencers and belongs to the top 100 cloud computing experts on Twitter and Google+. Since the mid-90s he is focused on the strategic use of information technology in businesses and the IT impact on our society as well as disruptive technologies.

Rene Buest is the author of numerous professional technology articles. He regularly writes for well-known IT publications like Computerwoche, CIO Magazin, LANline as well as Silicon.de and is cited in German and international media – including New York Times, Forbes Magazin, Handelsblatt, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Wirtschaftswoche, Computerwoche, CIO, Manager Magazin and Harvard Business Manager. Furthermore Rene Buest is speaker and participant of experts rounds. He is founder of CloudUser.de and writes about cloud computing, IT infrastructure, technologies, management and strategies. He holds a diploma in computer engineering from the Hochschule Bremen (Dipl.-Informatiker (FH)) as well as a M.Sc. in IT-Management and Information Systems from the FHDW Paderborn.

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