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Die Amazon Web Services und der Vendor Lock-in

Die Amazon Web Services (AWS) legen ein beachtliches Tempo vor. In regelmäßigen Abständen veröffentlicht das Unternehmen aus Seattle immer mehr Cloud Services, was Amazon innerhalb kürzester Zeit zum Cloud-Primus hat werden lassen. Der letzte Streich, der Amazon Simple Workflow liegt gerade knapp 2 Wochen zurück.

Auf dem ersten Blick ist die Leistung von Amazon wirklich sehr beachtlich. Zudem können die meisten Mitbewerber das vorgelegte Tempo kaum mithalten. Der zweite Blick trübt jedoch die Euphorie um die angebotenen Services. Denn viele Unternehmen nutzen AWS, um ihre ersten Schritte zu gehen und dabei auf eine flexible und öffentliche Cloud Infrastruktur zurückzugreifen. Aber je mehr Angebote wie bspw. Workflow Services oder speziell für die Cloud entwickelte Datenbanken veröffentlicht werden, desto größer wird ebenfalls das Bedenken einem Cloud Vendor Lock-in zum Opfer zu fallen.

Auf Grund der kostengünstigen und einfach zu nutzenden Infrastruktur für Rechenleistung und Speicherplatz, haben sich anfangs viele Kunden für den Einsatz von AWS entschieden. Diese Einfachheit ist weiterhin unumstritten und ermöglicht es insbesondere kleinen Unternehmen und Startups schnell auf die Ressourcen zurückzugreifen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt benötigt werden, ohne große vorab Investitionen zu tätigen. Hinzu kommt das bequeme Mitwachsen der Infrastruktur, wenn unerwartet große Anfragen entstehen und die tatsächliche Abrechnung (pay as you go) der Ressourcen. Unternehmen können ihre Workloads also deutlich bequemer und flexibler in der Amazon Cloud verarbeiten lassen als im eigenen Rechenzentrum.

Jedoch führt die Einführung neuer Dienste wie Amazon DynamoDB und Simple Workflow Services (SWF) dazu, dass genau diese Workloads deutlich stärker an die AWS-Infrastruktur gebunden werden. So stellt es für Entwickler bspw. eine größere Herausforderung dar, ihre Daten von der DynamoDB zu einer nicht Amazon Datenbank zu migrieren. Im Falle von SWF, mit der Entwickler workflow-fähige Anwendungen erstellen können, wird die Lücke zwischen der on-Premise Infrastruktur und den Amazon Ressourcen immer kleiner und hebt die Grenze zwischen Kundenseite und AWS-Infrastruktur zunehmend auf.

Es scheint so, als wolle Amazon den Microsoft-Weg gehen, eben nur in der Cloud. Microsoft führte nach Betriebssystemen und Office Produkten immer weitere Funktionen ein und stimmte diese perfekt aufeinander ab. Hinzu kommen bereits vorhandene oder im Laufe der Zeit eingeführte Funktionen, die auch von anderen Herstellern angeboten wurden, aber eine untergeordnete Rolle spielten. So waren die Kunden nicht bereit für eine Funktion zu bezahlen, die in der Software bereits enthalten war, selbst wenn die vom Drittanbieter angebotene in den meisten Fällen deutlich besser war.

Eine weitere nicht zu unterschätzende Problematik ist die Abwanderung von Daten – nicht Diebstahl! Mit Amazon SWF können Anwendungs- und Serviceübergreifende Anwendungen entwickelt werden die einen flüssigen und integrierten Übergang zwischen Anwendungen auf der Kundenseite und der AWS Infrastruktur herstellen. Mit den Simple Workflow Services werden die Daten quasi aus dem eigenen Rechenzentrum in die Amazon Cloud übertragen und sind dort eng in die Workflow Prozesse und die Infrastruktur verankert.

Ähnlich verhält es sich bei der Nutzung von Amazon DynamoDB, aber auch Amazon SimpleDB. Kommt eine dieser Datenbank zum Einsatz ist ein Wechseln zu einem anderen Cloud Anbieter nicht möglich. So kann u.a. die Entwicklung einer Anwendung im Zusammenhang mit einer dieser Datenbanken nicht offline stattfinden, da Amazon DynamoDB bzw. Amazon SimpleDB nur in der Amazon Cloud laufen. Auch der AWS Storage Gateway ist aus der Lock-in Sicht eher kritisch zu betrachten, der er die Daten aus dem eigenen Rechenzentrum heraus auf Amazon S3 speichert.

Amazon ist aus gutem Grund der weltweit führende Cloud Computing Anbieter. Aber Erfolg und Macht führen in der Regel dazu, beides auch zu festigen und stetig auszubauen. Daher sollte sich jeder überlegen, in wie weit und vor allem wie integriert er welchen Service nutzen will und sich zudem nach Alternativen umschauen und eine Multi-Vendor Strategie fahren.

Denn unter diesen Gesichtspunkten stellt sich Frage, ob Zynga wirklich nur aus Performancegründen den Weg in die eigene Cloud gewählt hat.


Bildquelle: http://www.flyingomelette.com

By Rene Buest

Rene Buest is Gartner Analyst covering Infrastructure Services & Digital Operations. Prior to that he was Director of Technology Research at Arago, Senior Analyst and Cloud Practice Lead at Crisp Research, Principal Analyst at New Age Disruption and member of the worldwide Gigaom Research Analyst Network. Rene is considered as top cloud computing analyst in Germany and one of the worldwide top analysts in this area. In addition, he is one of the world’s top cloud computing influencers and belongs to the top 100 cloud computing experts on Twitter and Google+. Since the mid-90s he is focused on the strategic use of information technology in businesses and the IT impact on our society as well as disruptive technologies.

Rene Buest is the author of numerous professional technology articles. He regularly writes for well-known IT publications like Computerwoche, CIO Magazin, LANline as well as Silicon.de and is cited in German and international media – including New York Times, Forbes Magazin, Handelsblatt, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Wirtschaftswoche, Computerwoche, CIO, Manager Magazin and Harvard Business Manager. Furthermore Rene Buest is speaker and participant of experts rounds. He is founder of CloudUser.de and writes about cloud computing, IT infrastructure, technologies, management and strategies. He holds a diploma in computer engineering from the Hochschule Bremen (Dipl.-Informatiker (FH)) as well as a M.Sc. in IT-Management and Information Systems from the FHDW Paderborn.

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