Nun steigt auch Google offiziell in den Kampf um Marktanteile im Infrastrucuture-as-a-Services (IaaS) Bereich ein. Was seit einem Jahr nur einem ausgewählten Personen- bzw. Kundenkreis bestimmt war, hat das Unternehmen aus Mountain View jetzt im Rahmen der Google I/O 2013 der Allgemeinheit verfügbar gemacht. Die Rede ist von seinem Cloud Computing Angebot, der Google Compute Engine (GCE).
Neuigkeiten zur Google Compute Engine
Mit der Google App Engine, BigQuery und dem Google Cloud Storage hat Google seit 2008 sein Cloud Portfolio stetig ausgebaut. Was noch fehlte war eine Infrastructure-as-a-Service Lösung, mit der virtuelle Maschinen bei Bedarf genutzt werden können. Die Google Compute Engine (GCE) brachte Google zu seiner I/O 2012 in einer geschlossenen Beta auf den Markt, um virtuelle Maschinen (VM) mit dem Linux Betriebssystem auf der Google Infrastruktur, die auch von Google Mail und anderen Services eingesetzt wird, zu nutzen.
Zusammen mit der Google I/O 2013 hat die GCE nun auch den Status der allgemeinen Verfügbarkeit erreicht. Weiterhin hat Google einen Cloud Datastore, eine von Google vollständig verwaltete NoSQL Datenbank für nicht relationale Daten, veröffentlicht. Der von der GCE unabhängige Service bietet eine automatische Skalierbarkeit, ACID Transaktionen sowie SQL-artige Anfragen und Indizes. Weiterhin gibt es eine eingeschränkte Vorschau der Programmiersprache PHP für die App Engine. Damit will Google Entwickler und Nutzer von Open-Source Applikationen wie z.B. WordPress ansprechen. Zudem wurde die Integration mit anderen Teilen der Cloud Plattform wie Google Cloud SQL und Cloud Storage verbessert. Darüber hinaus geht Google auf die Rückmeldung seiner Nutzer ein, dass es möglich sein sollte, Applikationen auf der App Engine einfacher modularisiert zu entwickeln. Als Reaktion darauf ist es nun möglich, Applikationen in einzelne Komponenten zu partitionieren. Jede mit ihrer eigenen skalierungs-, bereitstellungs-, versionierungs- und performance- Einstellung.
Weitere Neuigkeiten
Zu den weiteren größeren Ankündigungen gehören u.a. eine granularere Abrechnung, neue Instanz-Typen sowie eine ISO 27001 Zertifizierung:
- Genauere Abrechnung: Jeder Instanz-Typ wird nun pro Minute abgerechnet, wobei 10 Minuten mindestens berechnet werden.
- Neue Instanz-Typen: Es gibt nun neue Micro- und Small Instanz-Typen, die dafür gedacht sind, kostengünstig kleinere Workloads zu verarbeiten, die nur wenig Rechenleistung benötigen.
- Mehr Speicherplatz: Die Größe der “Persistent Disks”, die mit einer virtuellen Instanz verbunden werden können, wurden um bis zu 8.000 Prozent erweitert. Das bedeutet, dass nun eine Persistent Disk mit einer Größe von bis zu 10 Terabyte an eine virtuelle Maschine der Compute Engine angehängt werden kann.
- Erweitertes Routing: Die Compute Engine unterstützt nun basierend auf dem eigenen SDN (Software-Defined Networking) Möglichkeiten für das Software-Defined Routing. Damit lassen sich Instanzen als Gateways und VPN-Server einsetzen und Applikationen so entwickeln, dass diese im eigenen lokalen Netzwerk als auch in der Google Cloud laufen.
- ISO 27001 Zertifizierung: Die Compute Engine, App Engine und Cloud Storage wurden vollständig mit ISO 27001:2005 zertifiziert.
Entwickler: Google vs. Amazon vs. Microsoft
Zunächst, die größte Ankündigung für die Google Compute Engine (GCE) ist ihre allgemeine Verfügbarkeit. In den letzten Monaten wurde die GCE nach jeder Neuigkeit als DER Amazon Killer hochgehalten, obwohl sie sich noch in einer geschlossenen Beta befand und somit kein Vergleich auf Augenhöhe bestand. Die wirkliche Zeitrechnung beginnt jetzt.
Viele versprechen sich von der GCE, dass Google damit einen echten Konkurrenten zu den Amazon Web Services schafft. Fakt ist, das es sich bei der Google Compute Engine um ein IaaS Angebot handelt und Google auf Grund seines Kerngeschäfts über die Expertise, hochskalierbare Infrastrukturen aufzubauen und diese hochverfügbar zu betreiben, verfügt. Die Google App Engine zeigt darüber hinaus, dass Google es versteht, Entwickler anzusprechen, auch wenn sich der Markt hier mit zunehmend attraktiven Alternativen verengt.
Es fehlt die Diversifikation
Schauen wir uns die Compute Engine an, dann sehen wir Instanzen, Speicherplatz, sowie Services für das Speichern und Verarbeiten von strukturierten und unstrukturierten Daten (Big Query, Cloud SQL und Cloud Datastore). Wer Google unter diesen Gesichtspunkten daher als DEN Amazon Killer sieht, sollte seine Erwartungen erst einmal ein wenig herunterschrauben. Amazon hat ein sehr diversifiziertes Portfolio an Cloud Services, mit denen die Amazon Cloud Infrastruktur genutzt werden kann. Daran muss Google erst einmal anknüpfen, was sich allerdings nicht als all zu schwer erweisen dürfte, da viele Google Services bereits vorhanden sind. Ein Blick auf das Serviceangebot von Amazon AWS und der Google Cloud Platform ist aus diesem Grund lohnenswert.
Hybrid Betrieb für Applikationen
Google darf auf keinen Fall unterschätzt werden. Im Gegenteil, aus einem ersten Performance-Vergleich zwischen der Google Cloud Platform und Amazon AWS ging Google als Sieger hervor. Das liegt u.a. an den Technologien, die Google ständig verbessert sowie an seinem weltweiten hochperformanten Netzwerk. Was besonders auffällt, Google bietet nun die Möglichkeit, Applikationen für einen hybrid Betrieb, im eigenen Rechenzentrum und in der Google Cloud, zu entwickeln. Das ist ein unerwarteter Schritt, da bei Google bisher eher die Devise “Cloud only” lautete. Allerdings hat auch Google in letzter Zeit ähnlich wie Amazon mit technischen Ausfällen zu kämpfen gehabt, was nicht zur Stärkung des Vertrauens in Google beiträgt.
Ein Seitenhieb ist das neue Preismodell. Instanzen werden nun pro Minute (mindestens 10 Minuten Nutzung) abgerechnet. Amazon und auch Microsoft rechnen ihre Instanzen derzeit noch pro Stunde ab. Ob die Erweiterung der “Persistent Disks” auf bis zu 10 Terabyte zur Diversifikation beiträgt wird sich zeigen. Amazon gilt auch unter Entwicklern als der Vorreiter unter den IaaS Anbietern, was es für Google nicht einfacher machen wird in diesem Segment (Entwickler) ausreichend Marktanteile zu gewinnen. Außerdem darf Google davon ausgehen, dass neben den gewöhnlichen Nutzern, ebenfalls Entwickler keine Lust auf Googles “Service an/aus” Spielchen haben.
Amazon und Microsoft sind schon einen Schritt voraus
Wo Google mit seiner SaaS Lösung Google Apps seit geraumer Zeit massiv auch Unternehmenskunden angeht, richtet sich die Compute Engine in erster Linie an Entwickler. Amazon und Microsoft haben auch in diesem Kundensegment angefangen, aber längst damit begonnen, ihre Infrastrukturen respektive Plattformen für Unternehmenskunden attraktiver zu machen. Hier wird auf Google noch viel Arbeit zukommen, wenn dieses Kundensegment erschlossen werden soll, was zwangsläufig unumgänglich ist. Allerdings geht es in diesem Bereich um viel mehr als nur Technologien, sondern darum, Vertrauen zu schaffen und organisatorische Themen (Datenschutz, Verträge, SLA, usw.) für wertvoll zu erachten.
Googles Problem: Unbeständigkeit
Keine Frage, bei Google handelt es sich mit Abstand um das innovativste Unternehmen auf unserem Planeten. Aber gleichermaßen auch um das Unbeständigste und Datenhungrigste. Das werden auch Entwickler und speziell Unternehmen beobachtet haben und beide sollten sich die Frage stellen, wie Zukunftssicher das Google Cloud Portfolio überhaupt ist. Wird die Compute Engine ein Erfolg, braucht man sich keine Sorgen machen. Aber was ist, wenn sie für Google(!) zum Ladenhüter wird. Man erinnere sich an den Google Reader, dessen Nutzerzahlen für Google nicht mehr ausreichend genug waren. Hinzu kommt, dass die Compute Engine einen weiteren KPI hat, den Umsatz! Was macht Google, wenn dieser nicht mehr stimmen sollte?!