Nach den Enthüllungen um PRISM hatte ich eine kleine anonyme Umfrage zum aktuellen Vertrauen in die Cloud gestartet, um zu sehen, wie sich der Skandal auf das persönliche Verhältnis zur Cloud verändert hat. Die Aussagekraft des Ergebnis ist mehr oder weniger ein Erfolg. Die Beteiligung war alles andere als repräsentativ. Mit immerhin 1499 Aufrufen war das Interesse an der Umfrage relativ groß. Eine Beteiligung von 53 Teilnehmern ist dann doch eher ernüchternd. Somit ist die Umfrage nicht repräsentativ, zeigt aber zumindest eine Tendenz. In diesem Zusammenhang möchte ich mich noch bei Open-Xchange und Marlon Wurmitzer von GigaOM für die Unterstützung bedanken.
Die Umfrage
Die Umfrage umfasste neun Fragen und wurde öffentlich auf twtpoll gehostet. Sie stellte ausschließlich Fragen zum Vertrauen in die Cloud und wie dieses möglicherweise gestärkt werden kann. Zudem waren die Zwischenstände zu jedem Zeitpunkt öffentlich einsehbar. Die Umfrage wurde im deutsch- und englischsprachigen Raum über die sozialen Netzwerke (Twitter, Facebook, Google Plus) sowie den Business-Netzwerken XING und LinkedIn verbreitet, da dieses Thema keine spezielle Zielgruppe betrifft, sondern mittlerweile jeden von uns beeinflusst. Das führte auf twtpoll zu 1.442 Ansichten über das Web und 57 von mobilen Endgeräten und endete mit 53 Umfrageteilnehmer.
Die Umfrage darf aus diesem Grund nicht als repräsentativ betrachtet werden, zeigt aber eine Tendenz.
Das Umfrageergebnis
Trotz des PRISM-Skandal ist das Vertrauen in die Cloud nach wie vor vorhanden. 42 Prozent haben weiterhin ein hohes Vertrauen, 8 Prozent gar ein sehr hohes Vertrauen. Für 15 Prozent ist das Vertrauen in die Cloud sehr gering; 21 Prozent schätzen das Vertrauen als gering ein. Weitere 15 Prozent stehen der Cloud neutral gegenüber.
Das Vertrauen in den aktuellen Cloud Anbieter ist ausgeglichen. 30 Prozent der Teilnehmer haben immer noch ein hohes Vertrauen, 19 Prozent sogar ein sehr hohes Vertrauen in ihren Anbieter. Dem gegenüber stehen jeweils 15 Prozent, die ein geringes bzw. sehr geringes Vertrauen haben. 21 Prozent sind unentschieden.
Der Einfluss auf das Vertrauen in die Cloud durch PRISM führt zu keiner Überraschung. Nur 9 Prozent lassen sich davon gar nicht beeinflussen; 8 Prozent ein wenig. 32 Prozent stehen dem neutral gegenüber. Hingegen beeinflussen die PRISM Enthüllungen 38 Prozent der Teilnehmer stark und 13 Prozent sehr stark.
62 Prozent der Teilnehmer nutzt Services von einem der Cloud Anbieter, die beschuldigt werden, PRISM unterstützt zu haben. 38 Prozent sind bei anderen Anbietern.
Wie zu erwarten, hat sich PRISM auch auf die Reputation der Cloud Anbieter ausgewirkt. Für 36 Prozent haben die Enthüllungen das Vertrauen stark, für 13 Prozent sogar sehr stark beeinflusst. Allerdings stehen dem auch 32 Prozent neutral gegenüber. 11 Prozent haben die Enthüllungen nur leicht und 8 Prozent überhaupt nicht beeinflusst.
58 Prozent wollen trotz PRISM weiterhin Cloud Services nutzen. 42 Prozent haben bereits mit dem Gedanken gespielt, die Cloud auf Grund der Vorfälle zu verlassen.
Ein eindeutiges Zeichen geht an die Anbieter wenn es um das Thema Offenheit geht. 43 Prozent (sehr hoch) und 26 Prozent (hoch) erwarten eine bedingungslose Offenheit der Cloud Anbieter. 25 Prozent sind diesbezüglich unentschieden. Für nur 2 Prozent (gering) und 4 Prozent (sehr gering) spielt das keine Rolle.
74 Prozent sehen in einer 100 prozentigen End-to-End Verschlüsselung die Möglichkeit, das Vertrauen in die Cloud zu stärken. 26 Prozent sehen darin kein Potential.
Die Frage nach der sichersten/ vertrauenswürdigsten Region offenbarte keine Überraschungen. Mit 92 Prozent gilt Europa nach den PRISM-Enthüllungen als die Top Region weltweit. Afrika erhielt 4 Prozent; Nordamerika und Asia-Pacific jeweils 2 Prozent. Für Südamerika wurde nicht abgestimmt.
Kommentar
Auch wenn die Enthüllungen um PRISM im ersten Moment für Empörung und auch weiterhin noch für Verunsicherung sorgen, muss das Wirtschaftsleben weitergehen. Die Tendenz der Umfrage zeigt, dass das Vertrauen in die Cloud nicht zu stark gelitten hat. An dieser Stelle muss man aber auch sagen: Mit gehangen mit gefangen. Wir haben uns alle nicht von heute auf morgen ins “Verderben” der Cloud gestürzt. Die Krux besteht darin, dass die Welt mit Hilfe von Cloud-Technologien immer stärker vernetzt wurde und die Cloud somit als Dreh- und Angelpunkt moderner Kommunikations- und Kollaborationsinfrastrukturen dient.
Wir können aus diesem Grund nicht mehr viele Schritte zurück gehen. Als Hardliner dürfte man natürlich mit sofortiger Wirkung sämtliche digitale sowie analoge Kommunikation einstellen. Ob das erfolgsversprechend ist bleibt zu bezweifeln, da die Abhängigkeit zu groß geworden ist und das moderne unternehmerische Dasein von der digitalen Kommunikation bestimmt wird.
Die zum Teil hohe Anzahl neutraler Antworten zum Vertrauen mag u.a. damit zu tun haben, das im Unterbewusstsein schon immer der Gedanke mitgespielt hat, dass wir bei unserer Kommunikation beobachtet werden. Durch die aktuellen Enthüllungen haben wir es nun schwarz auf weiß. Das Ausmaß der Überwachungen, mittlerweile auch durch das Bekanntwerden von TEMPORA durch den britischen Geheimdienst, hat überrascht. Im Zusammenhang mit TEMPORA muss daher auch das Umfrageergebnis für Europa als vertrauenswürdige Region in Frage gestellt werden. Gegen die Überwachung an strategisch wichtigen Knotenpunkten im Internet sind aber auch die Cloud Anbieter selbst machtlos.
Unterm Strich muss das Wirtschafts-(leben) weitergehen. Man sieht an sämtlichen Enthüllungen jedoch auch, dass man sich auf die Regierungen nicht verlassen darf, von denen immer wieder Regelungen und Sicherheiten gefordert werden. Im Gegenteil, auch diese haben ihr bekundetes Interesse Daten mitzulesen. Und eines muss man sich immer wieder vor Augen halten. Was nützen Gesetze und Regeln, wenn diese immer wieder von höchster Stelle gebrochen werden.
Unternehmen und Anwender müssen daher nun mehr Verantwortung übernehmen, die Fäden in die Hand nehmen und für ihre gewünschte Sicherheit (End-to-Ende Verschlüsselung) im weitesten Sinne selbst sorgen. Zahlreiche Lösungen aus dem Open-Source aber ebenfalls aus dem professionellen Bereich helfen dabei, die Ziele zu erreichen. Anbieter von Cloud- und IT-Lösungen sind jetzt gefordert, noch mehr Offenheit zu zeigen, als ihnen vielleicht lieb sein mag.